05. Juli 2022 | Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil ausgeführt, dass unrichtige, für den Emittenten vorteilhafte Angaben im Prospekt auch dann einen Kapitalanlagebetrug i.S.d. § 264a Abs. 1 StGB darstellen, wenn sich unrichtige Angaben aus einem durch einen Wirtschaftsprüfer testierten Jahresabschluss oder Lagebericht ergeben. Ein redlicher Vorstand kann zwar grundsätzlich auf die Richtigkeit eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks des Wirtschaftsprüfers vertrauen. Auf einen den Kapitalanlagebetrug-Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum kann er sich aber nur dann berufen, wenn er alle Aufklärungen und Nachweise, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind, selbst oder durch nachgeordnete Mitarbeiter bzw. von ihm beauftragte Dritte erteilt hat.
Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil ausgeführt, dass unrichtige, für den Emittenten vorteilhafte Angaben im Prospekt auch dann einen Kapitalanlagebetrug i.S.d. § 264a Abs. 1 StGB darstellen, wenn sich unrichtige Angaben aus einem durch einen Wirtschaftsprüfer testierten Jahresabschluss oder Lagebericht ergeben. Ein redlicher Vorstand kann zwar grundsätzlich auf die Richtigkeit eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks des Wirtschaftsprüfers vertrauen. Auf einen den Kapitalanlagebetrug-Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum kann er sich aber nur dann berufen, wenn er alle Aufklärungen und Nachweise, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind, selbst oder durch nachgeordnete Mitarbeiter bzw. von ihm beauftragte Dritte erteilt hat.
Sachverhalt:
Die Immobilienprojektgesellschaft W-AG finanzierte ihre Geschäftstätigkeit mit der Emission von acht Hypothekenanleihen. Zwei Anleihen zahlte sie zurück, sechs Anleihen wurden nicht zurückgezahlt. Die Beklagten waren derzeit im Vorstand der W-AG. Der Kläger hatte zwischen Juni 2010 und März 2013 mehrfach oben genannte Anleihen erworben. Er klagte auf Schadenersatz wegen Kapitalanlagebetrugs. Die Wertpapierprospekte zu den Anleihen hätten ein falsches Bild von der Finanz- und Ertragslage der W-AG in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 vermittelt. Die W-AG sei bereits im Juni/Juli 2008 zahlungsunfähig gewesen. Hätte er dies gewusst, hätte er keine Anleihen der W-AG erworben.
Gründe:
§ 264a StGB ist ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers.
Zu Recht habe das Berufungsgericht festgestellt, die Beklagten hätten vorsätzlich – zumindest mit dolus eventualis – gehandelt, als sie die Verwendung der unrichtigen Wertpapierprospekte zum Vertrieb der Anleihen zugelassen hätten. Ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum der Beklagten sei zu Recht verneint worden.
Die für einen solchen Irrtum darlegungspflichtigen Beklagten hätten nicht hinreichend dargetan, dass sie den Abschlussprüfern alle erforderlichen Informationen gegeben hatten, die für eine sorgfältige Prüfung der Werthaltigkeit der Kaufpreisforderungen gegen die Erwerberkommanditgesellschaften erforderlich waren. Die Beklagten hatten lediglich vorgetragen, ihre Mitarbeiter hätten ständig Gespräche mit den Wirtschaftsprüfern geführt, diese seien über den jeweiligen Stand der Vertriebsaktivitäten und über die Verfolgung alternativer Szenarien informiert worden, hätten sich auch selbst danach erkundigt, und es habe ein fortlaufender Austausch stattgefunden.
Unklar blieb, welche konkreten tatsächlichen Umstände die Beklagten bzw. ihre Mitarbeiter den Abschlussprüfern in Bezug auf die Aussichten, die Kaufpreisforderungen gegenüber den Erwerberkommanditgesellschaften zu realisieren, offengelegt haben. Dieses Vorbringen war zu ungefähr und pauschal und genüge deshalb nicht, um das Bild eines redlichen Vorstandsmitglieds zu vermitteln.
Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB scheide auch nicht schon dann aus, wenn ein Wertpapier über den (Börsen-)Handel unter den Marktteilnehmern, also über den Sekundärmarkt, erworben werde.
Vielmehr gelte auch in diesem Fall die grundsätzliche Vermutung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist. Diese Vermutung könne zwar widerlegt werden, z.B. wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat.
Die Tatsache, dass der Prospekt lediglich im Internet abrufbar war, reiche hier für die Widerlegung der grds. Vermutung nicht aus. Vielmehr sei im vorliegenden Fall unstreitig die in den Prospekten durchgängig dargestellte positive Ertrags- und Finanzlage der W-AG für den Kläger maßgebliches Investitionskriterium für seine Anleihekäufe gewesen.
BGH, Urteil vom 05.05.2022 – III ZR 131/20
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