Am 28. Juni 2018 hat der Bundestag das „Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze“ verabschiedet. Am 13. Juli 2018 wurde es im Bundesgesetzblatt verkündet.Die Schwelle hinsichtlich der Prospektpflicht für öffentliche Angebote von Wertpapier-Beteiligungen wird auf 8 Mio. Euro angehoben und damit Ausnahmen von der Prospektpflicht in größtmöglichem Umfang nutzbar. Regulatorisch wird so mit anderen EU-Ländern gleichgezogen und eine Benachteiligung deutscher Unternehmen vermieden.

1. Wertpapierinformationsblatt (WIB) statt Prospekt

Anders als noch im Referentenentwurf, sind laut Gesetz Wertpapierangebote in Deutschland mit einem Volumen von bis zu 8 Mio. Euro nun prospektfrei möglich – unter der Voraussetzung der Veröffentlichung eines
Wertpapierinformationsblattes.

Für Anbieter öffentlicher Angebote von Wertpapieren, wie z.B. Anleihen, Genussscheinen und Aktien im Inland bedeutet dies also: Sie können künftig statt eines Prospekts ein Wertpapier-Informationsblatt veröffentlichen, sofern der Gesamtgegenwert des Angebotes über einen Zeitraum von zwölf Monaten mehr als 100.000 EUR, aber weniger als 8 Mio. EUR beträgt – und nicht bereits die Pflicht zur Veröffentlichung eines Basisinformationsblatts besteht. (Andere bisherige Prospektausnahmen bleiben weitgehend unberührt).

2. FAQ zum Wertpapierinformationsblatt

  • neu eingeführt als Informationsquelle für die Anlageentscheidung (Anlegerschutz) und angelehnt an das Vermögensanlagen-Informationsblatt nach Vorgaben des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG)
  • darf erst veröffentlicht werden, wenn die BaFin die Veröffentlichung gestattet
  • Umfang: nicht mehr als drei DIN-A4-Seiten
  • Inhalt: die wesentlichen Informationen über Wertpapiere, Anbieter, Emittenten und etwaige Garantiegeber in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise enthalten (Gesetz regelt Katalog der relevanten Mindestinformationen und Reihenfolge)
  • BaFin prüft auf Vollständigkeit und auf Einhalten der Reihenfolge der erforderlichen Angaben, nicht aber auf inhaltliche Richtigkeit.
  • BaFin hat dem Anbieter innerhalb von zehn Werktagen nach Eingang mitzuteilen, ob sie die Veröffentlichung gestattet.
  • muss bestimmte Hinweise bzgl. Risiken des Wertpapiers, Nichtvorliegen eines Prospekts sowie Umfang der BaFin-Prüfung des Wertpapierinformationsblatts enthalten.

3. Einzelanlageschwellen für nicht qualifizierte Anleger bei Emissionsvolumen ab 1 Mio. EUR

Um nicht qualifizierte Anleger zu schützen, sind Wertpapier-Emissionen ab 1 Mio. EUR nur unter folgenden
Voraussetzungen ohne Prospekt möglich:

  • die Wertpapiere dürfen ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vermittelt werden.
  • Und es sind folgende Einzelanlageschwellen zu beachten, d.h. das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss prüfen, ob der Gesamtbetrag der Wertpapiere, die von einem nicht qualifizierten Anleger erworben werden können, folgende Beträge nicht übersteigt:
  • 1.000 Euro
  • 10.000 Euro, sofern der jeweilige nicht qualifizierte Anleger nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft über in frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens 100.000 Euro verfügt,
  • oder den zweifachen Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des jeweiligen nicht qualifiziertenAnlegers nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft, höchstens jedoch 10.000 Euro.

4. Grenzüberschreitende Angebote – EU-Pass

Mit dem sog. „Europäischen Pass“ ist die Emission von Wertpapieren in der europäischen Union – sog. Notifizierung – mit dem von dem BaFin gebilligten Wertpapierprospekt möglich, so dass auch die Kapitalmärkte anderer europäischer Länder erschlossen werden können. Idealerweise wird der Antrag auf Notifizierung des Prospektes zusammen mit dem Billigungsantrag gestellt. In der Regel ist für den Europäischen Pass eine Übersetzung der Zusammenfassung des Prospektes in die jeweilige Landessprache des Zielstaates erforderlich.

Wenn Emittenten für grenzüberschreitende Angebote von dem Europäischen Pass profitieren wollen, müssen sie nach der EU-Prospektverordnung bereits ab 1 Mio. EUR einen Prospekt erstellen und billigen lassen, der
dann in andere Mitgliedstaaten notifiziert werden kann.

5. Anpassungen in anderen Gesetzen

Im Vermögensanlagengesetz gibt es Anpassungen der Regelungen zum Vermögensanlagen-Informationsblatt zu seiner Veröffentlichung und der Bußgeldtatbestände. Im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) wird klargestellt, dass neben einem WertpapierInformationsblatt nicht zusätzlich ein Produktinformationsblatt erstellt werden muss.

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