Der Begriff Crowdfunding, wörtlich übersetzt Schwarmfinanzierung, bezeichnet eine Finanzierungs-form, bei der eine Vielzahl von Geldgebern ein konkretes Projekt finanziert. In der Regel werden die Gelder über Crowdfunding-Plattformen im Internet eingesammelt. Man unterscheidet heute im Wesentlichen folgende Modelle: das spendenbasierte und das gegenleistungsbasierte Crowd-funding, die auch als Crowdsponsoring bezeichnet werden, das kreditbasierte Crowdfunding (Crowdlending) sowie das Crowdinvesting.

Beim Crowdinvesting erhält der Geldgeber eine Beteiligung an zukünftigen Gewinnen/Einnahmen des finanzierten Projekts in Form einer Kapitalanlage. Crowdinvesting gibt es (unter diesem Begriff) seit 2011 in Deutschland.

In 2015 wurde das Crowdfunding in Deutschland mit dem sog. Kleinanlegerschutzgesetz durch eine Änderung des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) gesetzlich geregelt. Derzeit finanzieren sich jährlich mehrere 100 Unternehmen deutschlandweit über das Internet mittels Crowdfunding.

Ausnahmen von der Prospektpflicht für Vermögensanlagen

Um die Finanzierung kleiner und mittlerer innovativer Unternehmen nicht zu behindern, wurde die Schwelle für die Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz für die Aufnahme von Nachrangdarlehen, partiarischen Darlehen und Direktinvestments im Bereich Crowdfunding in der Form des Crowdinvesting und Crowdlending auf 2,5 Millionen Euro festgelegt. Bis zu dieser Finanzierungsschwelle ist lediglich die Erstellung eine Vermögensanlagen-Informationsblattes (VIB), dessen Veröffentlichung von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu billigen ist, aber kein Prospekt erforderlich.

Der Erwerb der Kapitalanlage darf ausschließlich über das Internet erfolgen. Die Zeichnung muss also online abgewickelt werden, wobei folgende Besonderheiten zu beachten sind.

Vermögensanlagen-Informations-Blatt (VIB)

Für die Information der Anleger über das zu finanzierende Projekt muss ein sog. Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) in jedem Fall erstellt, von der BaFin gebilligt und dem Anleger zur Verfügung gestellt werden. Dies ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass bei Investitionen unterhalb der Prospektpflichtschwelle von 2,5 Mio. Euro, das VIB die einzige gesetzlich vorgeschriebene Information des Anlegers über die Vermögensanlage darstellt.

Selbstauskunft und Investitionsgrenzen bei Vermögensanlagen

Zwei weitere Beschränkungen gelten weiterhin im Crowdfunding-Bereich: Ab einer Investitionssumme von 1.000 Euro ist eine Selbstauskunft eines jeden Anlegers notwendig, dass er sich das Investment leisten kann.

Der Anleger muss bestätigen, dass er über ein freies Vermögen von 100.000 Euro verfügt oder erklären, dass er nicht mehr als das Doppelte seines monatlichen Nettoeinkommens einsetzt. 10.000 Euro bleibt die Obergrenze für alle Anlagen. Allerdings gelten alle diese Vorgaben nur für Privatpersonen – nicht für Kapitalgesellschaften. Diese Befreiung von den Einzelanlageschwellen wird in der Gesetzesbegründung damit gerechtfertigt, dass an Kapitalgesellschaften als Formkaufleute auch bei der Geldanlage ein höherer Professionalitätsstandard angelegt werden kann.

14-tägiges Widerrufsrecht

Zum Schutz von Anlegern, die Vermögensanlagen außerhalb der Verkaufsprospektpflicht bei Schwarmfinanzierungen erwerben, wurde ein eigenständiges Widerrufsrecht eingeführt. Denn mangels Prospekt stehen diesen Anlegern bei ihrer Anlageentscheidung weniger Informationen zur Verfügung. Im Ausgleich für diese reduzierte Entscheidungsgrundlage erhalten sie ein eigeständiges 14-tägiges Widerrufsrecht.

Einschänkung der Befreiungen für Genossenschaften

Die ehemals bestehenden Ausnahmen von den Bestimmungen des VermAnlG für Genossenschaftsanteile und Mitgliederdarlehen in Genossenschaften sind nun an die Bedingung geknüpft, dass im Rahmen des Vertriebs dieser Vermögensanlagen keine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt wird; hierdurch sollen Missbräuche verhindert werden. Dabei gilt diese Vorgabe unabhängig davon, ob der Vertrieb im Eigenvertrieb oder durch Einsatz von Vermittlern oder sonstigen Intermediären erfolgt.

Auch Nachrangarlehen, partiarische Darlehen und Direktinvestments von Mitgliedern einer Genossenschaft an ihre Genossenschaft sind von der Prospektpflicht befreit, wenn sie ausschließlich den Mitgliedern der Genossenschaft angeboten werden und diese wesentlichen Informationen über die Vermögensanlage erhalten.

Weiterhin bestehen für Genossenschaften auch Ausnahmen für die Aufnahme von Mitgliederdarlehen. Unter bestimmten Voraussetzungen können von Mitgliedern auch normale Darlehen (d.h. ohne Nachrangklausel) aufgenommen werden.

Besonderheiten: Wertpapierbereich

Seit Juli 2018 können auch Ausnahmen von der Prospektpflicht im Wertpapierbereich (z.B. Aktien, Inhaberschuldverschreibungen, Genussscheine) für Crowdfundig-Angebote genutzt werden.

Wertpapier-Informations-Blatt (WIB) statt Prospekt

Wertpapierangebote in Deutschland mit einem Volumen von bis zu 8 Mio. Euro sind nun prospektfrei möglich – unter der Voraussetzung der Veröffentlichung eines Wertpapierinformationsblattes.

Für Anbieter öffentlicher Angebote von Wertpapieren, wie z.B. Anleihen, Genussscheinen und Aktien im Inland bedeutet dies also: Sie können jetzt statt eines Prospekts ein Wertpapier-Informationsblatt veröffentlichen, sofern der Gesamtgegenwert des Angebotes über einen Zeitraum von zwölf Monaten mehr als 100.000 Euro, aber weniger als 8 Mio. Euro beträgt – und: nicht bereits die Pflicht zur Veröffentlichung eines Basisinformationsblatts besteht. (Andere bisherige Prospektausnahmen bleiben weitgehend unberührt).

Das Wertpapier-Informations-Blatt (WIB)

  • neu eingeführt als Informationsquelle für die Anlageentscheidung (Anlegerschutz) und angelehnt an das Vermögensanlagen-Informationsblatt nach Vorgaben des Vermögens- anlagengesetzes (VermAnlG)
  • darf erst veröffentlicht werden, wenn die BaFin die Veröffentlichung gestattet
  • Umfang: nicht mehr als drei DIN-A4-Seiten
  • Inhalt: die wesentlichen Informationen über Wertpapiere, Anbieter, Emittenten und etwaige Garantiegeber in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise enthalten (Gesetz regelt Katalog der relevanten Mindestinformationen und Reihenfolge)
  • BaFin prüft auf Vollständigkeit und auf Einhalten der Reihenfolge der erforderlichen Angaben, nicht aber auf inhaltliche Richtigkeit.
  • BaFin hat dem Anbieter innerhalb von zehn Werktagen nach Eingang mitzuteilen, ob sie die Veröffentlichung gestattet
  • muss bestimmte Hinweise bzgl. Risiken des Wertpapiers, Nichtvorliegen eines Prospekts sowie Umfang der BaFin-Prüfung des Wertpapierinformationsblatts enthalten.

Investitionsgrenzen bei Wertpapieren

Um nicht qualifizierte Anleger zu schützen, sind Wertpapier-Emissionen ab 1 Mio. EUR nur unter bestimmten Voraussetzungen ohne Prospekt möglich. Die Einstufung der Anleger, die für die Anleger maximal zulässigen Zeichnungsbeträge und die vom Anleger beizubringenden Einkommensnachweise orientieren sich dabei am Vermögensanlagenrecht und den für Schwarmfinanzierungen nach VermAnlG geltenden Grenzen.

EU-Crowdfunding Verordnung

Seit dem 10. November 2021 ist die EU-Crowdfunding-Verordnung anzuwenden.

Damit gelten erstmalig im gesamten EU-Binnenmarkt einheitliche Regeln. Für Crowdfunding-Plattformen wird das grenzüberschreitende Angebot von Dienstleistungen dadurch erheblich erleichtert. Sie mussten bisher in jedem Mitgliedstaat unterschiedliche Vorschriften berücksichtigen.

Die EU-Verordnung erweitert den Kreis der in Frage kommenden Crowdfunding-Instrumente. In ihren Anwendungsbereich fallen z.B. unbedingt rückzahlbare Kredite, übertragbare Wertpapiere und andere für Crowdfunding-Zwecke zugelassene Instrumente. Damit entstehen neue Geschäftsmöglichkeiten für Plattformen, wie etwa das Crowdlending. Das Finanzierungslimit für Projekte ohne Kapitalmarktprospekt wird EU-weit auf bis zu 5 Millionen Euro über einen Zeitraum von 12 Monaten erhöht.

Zulassung und Aufsicht

Crowdfunding-Plattformen benötigen künftig eine Zulassung für Schwarmfinanzierungsdienstleistungen in der gesamten EU. Gleichzeitig werden sie einer mit Finanzdienstleistern und zukünftigen Wertpapierinstituten vergleichbaren Aufsicht unterstellt.

Voraussetzung ist eine Niederlassung in einem EU- Mitgliedsstaat und ein Antrag auf Zulassung durch die zuständige Zulassungsbehörde des Mitgliedsstaats. Diese entscheidet innerhalb von drei Monaten über den Antrag. Die Europäische Wertpapier- und der Marktaufsichtsbehörde („ESMA“) führt ein aktuelles Verzeichnis aller zugelassenen Crowdfunding-Dienstleister auf ihrer Internetseite.

Hinzu kommen deutlich strengere organisatorische und betriebliche Anforderungen an Plattformen. Denn die Verordnung gibt für alle Anbieter in der EU Regelungen zur internen Organisation, zur Geschäftsleitung, zu Sorgfalts- und Verhaltenspflichten sowie zum Umgang mit Interessenkonflikten und Beschwerdeverfahren vor. Einzuplanen ist also mehr Aufwand für die Compliance.

Anlagebasisinformationsblatt und Anlegerschutz

Plattformbetreiber müssen potenziellen Anlegern für jedes Angebot ein vom Projektträger erstelltes Anlagebasisinformationsblatt zur Verfügung stellen. Den Inhalt gibt die Crowdfunding-Verordnung vor.

Bei nicht kundigen Anlegern sind deren Kenntnisse und Erfahrungen zu prüfen und es muss eine Simulation der Fähigkeit Verluste zu tragen durchgeführt werden. Grundsätzlicher Höchstanlagebetrag für sie sind 1.000 Euro oder 5 % ihres Reinvermögens pro Projekt. Bei höheren Investitionen muss der Crowdfunding-Dienstleister sicherstellen, dass der Anleger einen Warnhinweis erhält, dass die angebotenen Schwarmfinanzierungsdienstleistungen für ihn ungeeignet sein könnten und dass ein Totalverlustrisiko besteht. Vom Anleger ist eine Bestätigung von Erhalt und Verständnis der Warnhinweise einzuholen.

Zusätzlich muss der Plattformbetreiber eine vorvertragliche Bedenkzeit gewähren, während der der potenzielle nicht kundige Anleger ein Anlageangebot ohne Begründung und ohne Vertragsstrafe widerrufen kann.
Außerdem gilt: Plattformbetreiber müssen die Ausfallquoten der letzten 36 Monate ihrer angebotenen Crowdfunding-Projekte veröffentlichen.

Inkrafttreten und Übergangsregelung

Die Crowdfunding-Verordnung gilt ab dem 10. November 2021 unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat. Übergangsregelung: Im Anwendungsbereich der Verordnung können Plattformen bis zum 10. November 2022 oder bis die neue Zulassung erteilt wurde weiterhin gemäß geltenden nationalen Rechtsvorschriften Schwarmfinanzierungsdienstleistungen erbringen.

Schwarmfinanzierungsdienstleistungen außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung, wie z.B. das Angebot von Nachrangdarlehen, richten sich weiterhin nach § 2a Vermögensanlagengesetz.

Unsere Dienstleistungen

Unsere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Crowdfunding-Angeboten sind:

  • Erstellung der Beteiligungsbedingungen (z.B. Nachrangdarlehens-Bedingungen, Anleihebedingungen, Genussschein-Bedingungen)
  • Konzeption und Erstellung von Vermögensanlagen-Informations-Blättern und Durchführung des Billigungsverfahrens bei der BaFin
  • Konzeption und Erstellung von Wertpapier-Informations-Blättern und Durchführung des Billigungsverfahrens bei der BaFin
  • Konzeption und Erstellung von Anlagebasisinformationsblättern
  • Umfassende Beratung und Betreuung von Crowdfundig-Plattformen (z.B. Stellung Erlaubnisantrag, Erstellung Nutzungsbedingungen, laufende rechtliche Betreuung)

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