1. Unternehmensfinanzierung durch Security Token Offerings (STO)
Start-ups und Jungunternehmen setzen bei der Unternehmensfinanzierung vermehrt auch in Deutschland auf sog. Security-Token. Erst recht seit 2020 die ersten Wertpapierprospekte und Wertpapier-Informationsblätter für Security-Token wurden von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gebilligt wurden, nutzt die „neue Generation“ Crowdfunder die Blockchain und tokenbasierte Anteile zur Kapitalakquise. Grundsätzlich ist es möglich, alle Arten von Wertpapieren, aber auch von Vermögensanlagen, wie z.B. Genussrechte als Security-Token auszugestalten.
2. Was sind Security-Token?
Security-Token sind Wertpapiere, die ausschließlich in elektronischer Form durch Nutzung einer unveränderbaren digitalen Datenbank, der sog. Blockchain abgebildet werden. Der Token-Inhaber erhält gegen den Emittenten – wie bei herkömmlichen Wertpapieren auch – einen Anspruch auf Beteiligung am Gewinn und Rückzahlung des Kapitals. Durch die digitalisierte Abbildung des Vermögenswertes auf der Blockchain wird der Vermögenswert frei auf andere Erwerber übertragbar. Funktional – d.h. in Sachen Übertragbarkeit, Standardisierung und Handelbarkeit – ist der „tokenisierte Vermögenswert“ damit einem Wertpapier vergleichbar. Die Regulierung – d.h. Prospektpflicht, Lizenzpflicht, Anlegerschutz etc. – erfolgt nach Wertpapierrecht.
3. Welche Besonderheiten sind bei Krypto Anlage-Angeboten zu beachten?
Bei einem Krypto Anlage-Angebot können Security Token verkauft oder versteigert werden, um Gelder von Dritten für eine Idee oder ein Geschäftsmodell einzusammeln. Denkbar ist auch der Erwerb von Token über den Zweitmarkt. Soweit erstmalig Security-Token durch eine Emittentin generiert und öffentlich zum Erwerb angeboten werden, spricht man in Anlehnung an einen Börsengang (engl.: Initial Public Offering) auch von einem STO (Security-Token-Offering), also einem Wertpapier-Token-Angebot.
4. Ausnahme von der Prospektpflicht bis zu 8 Mio. Euro ohne Prospekt aber mit WIB
Ausnahme von der Prospektpflicht bis zu 8 Mio. Euro ohne Prospekt aber mit WIB
Bei der Ausgabe Wertpapieren – also auch bei tokenbasierten Anteilen – kann bei einem Emissionsvolumen von bis zu 8,0 Mio. Euro auf die Erstellung eines Wertpapierprospektes verzichtet werden. Stattdessen ist für das öffentliche Angebot und damit die Crowdfunding-Kampagne ein dreiseitiges Wertpapier-Informations-Blatt ausreichend.
5. Vertriebserlaubnis für Kryptowerte
Der Finanzdienstleister muss zunächst berechtigt sein, Dienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte zu erbringen. Weil Kryptowerte seit 01.01.2020 eine eigene Klasse von Finanzinstrumenten bilden, ist grundsätzlich eine Erlaubnis nach § 32 KWG für die Anlagevermittlung oder Anlageberatung erforderlich.
Noch weitgehend ungeklärt ist aber die Frage, ob unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Erlaubnis nach § 34f GewO (Finanzanlagenvermittlung) oder § 34h GewO (Honoraranlageberatung) ausreichend sein kann, also wenn der Token nicht als Wertpapier konzipiert ist, sondern der Kryptowert gleichzeitig eine Vermögensanlage im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) oder ein Anteil an einem Investmentvermögen im Sine des Kapitalanlagesetzbuches (KAGB) darstellt.
Dem Wortlaut der Bereichsausnahme des § 2 Absatz 2 Nummer KWG zufolge wäre diese Bereichsausnahme einschlägig, wenn die Kryptowerte entweder von Emittentin der Vermögensanlage oder der zugelassenen Kapitalverwaltungsgesellschaft generiert und angeboten werden. Soweit also ein (von der BaFin gebilligter) Verkaufsprospekt für Vermögensanlagen oder Investmentfondsanteile vorliegt, ist für den Vertrieb des Kryptowertes eine Erlaubnis nach der GewO ausreichend.
Sollte dagegen eine Wertpapierprospekt oder eine Wertpapier-Informationsblatt (WIB) vom Anbieter erstellt und die Veröffentlichung von der BaFin gebilligt worden sein, so ist eine Erlaubnis nach § 32 KWG erforderlich.
6. Statt Depotverbindung eine Wallet
Damit ein Anleger tatsächlich Kryptowerte erwerben kann, sind Besonderheiten der Verwahrung/Speicherung digital dargestellte Werten zu beachten. Technische Voraussetzungen für den Erwerb von Token sind zunächst eine Speichermöglichkeit sowie eine digitale Adresse für Empfang und Versand des digitalen Wertes. Speicher und Adresse fungieren zusammen als digitaler Briefkasten und werden als Wallet (engl. = Geldbörse). bezeichnet. Für den Zugriff auf den Token (mittels Wallet) ist ein privater digitaler Schlüssel (privater kryptografischer Schlüssel) erforderlich, der kostenlos generiert werden kann und in der Wallet gespeichert werden muss. Dementsprechend ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, dass die privaten Schlüssel vor Verlust oder Diebstahl geschützt werden, so dass nur der jeweilige tatsächlich Berechtigte (Token-Inhaber) auf diese zugreifen kann.
7. Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft
Ähnlich dem Depotgeschäft (Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren) stellt deshalb die Verwahrung, die Verwaltung, die Sicherung von Kryptowerten oder privaten Krypto-Schlüsseln mit dem Kryptoverwahrgeschäft eine eigenständige erlaubnispflichtige Dienstleistung dar. Wer also nicht nur Kryptowerte vertreibt, sondern seinen Kunden auch deren Speicherung oder das Speichern (auch Aufbewahren) der privaten Kryptoschlüssel anbietet, benötigt die Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft. Gleiches gilt, wenn in die Vermögensverwaltung Kryptowerte einbezogen sind.
8. Was geht nicht (mehr)? White-Paper-Angebote
Anfänglich wurde für die Durchführung eines STO und damit für die Investorenansprache nur ein sog. „White Paper“ angefertigt. Dabei handelte es sich um ein Dokument zur Vorstellung einer Unternehmensidee, die Darstellung der technischen Blockchain-Implementierung sowie den Details des geplanten Token-Angebote. Spätestens seit Anfang 2019 ist ein White Paper aber nicht mehr für die Durchführung eines Krypto Anlage-Angebotes ausreichend. Denn seit diesem Zeitpunkt wendet die BaFin das Prospektrecht auf öffentliche Krypto Anlage-Angebote an. Das Angebot erfordert also Unterlagen, deren Inhalt sich nach den Vorgaben des WpPG oder VermAnlG richtet und deren Veröffentlichung zuvor von der BaFin zu billigen ist.
9. Fallstrick Einlagengeschäft
Da bei einem Security-Token anders als bei herkömmlichen Wertpapieren keine Verbriefung der Rechte in einer Urkunde erfolgt, also weder Globalurkunde noch Einzelurkunden ausgestellt werden, ist bei der Ausgestaltung der mit und durch die Token gewährte Rechte darauf zu achten, dass die entgegen genommen Gelder von der BaFin nicht als unbedingt rückzahlbare Gelder und damit als erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft im Sinne des KWG eingestuft werden. Denn die prospektrechtliche Einstufung als Wertpapier führt nicht automatisch dazu, dass auch bankaufsichtsrechtliche eine Verbriefung vorliegt. Deshalb ist insbesondere bei digital abgebildeten Anleihen darauf zu achten, dass diese mit einem das Einlagengeschäft ausschließenden qualifizierten Nachrang versehen sind oder die Anleihe nicht auf ein gesetzliches Zahlungsmittel lautet.
10. Sind Versammlungen der Tokeninhaber erforderlich?
Für die Beschlussfassungen und damit die Meinungsbildung der Anleger kann wie bei anderen Wertpapieren auf die rechtsformspezifischen Eigenheiten der jeweiligen Kapitalanlage zurückgegriffen werden. Wenn der Security-Token die mit Vollgesellschaftsanteilen verbundenen Rechte abbildet, kann eine Beschlussfassung genauso stattfinden, wie wenn der Token die Rechte von Schuldtiteln abbildet. Vorbild sind dabei die Beschlussfassungen von Gesellschaftern und Anleihegläubigern ohne das Abhalten einer Versammlung, also eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren resp. die digitale Stimmabgabe. Die Aufforderung zur Stimmabgabe kann über den Smart-Contract generiert und an die digitale Adresse und damit an die Wallet des Tokeninhabers gesendet werden. Stimmabgabe, Ermittlung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses können über die Blockchain dokumentiert werden.
Es lassen sich aber genauso physische Versammlungen durchführen. Teilnahmeberechtigt und damit stimmberechtigt ist derjenige, der nachweist, dass er Inhaber des Security-Tokens ist. Der Nachweis kann wie bei girosammelverwahrten Wertpapieren erfolgen. An die Stelle der Depotbescheinigung der Wertpapiersammelbank tritt die Bescheinigung eines Krypotverwahrinstitutes. Der Tokeninhaber muss für den Zeitraum bis zum Ende der Versammlung seinen Token oder seinen kryptografischen privaten Schlüssel von einem Kryptoverwahrer gegen eine entsprechende Bescheinigung verwahren lassen und kann sein Stimmrecht in der Versammlung ausüben. Der Verwahrer kann die Bescheinigung auch digital ausstellen.
11. Security Token und Sicherheit
Die Auflage, der Vertrieb und die Verwaltung von Krypto-Anlage-Angeboten sind erst seit Anfang 2020 in Deutschland zweifelsfrei rechtssicher umsetzbar. Denn erst seit dem 01.01.2020 sind Kryptowerte als neue Kategorie von Finanzinstrumenten im Kreditwesengesetz (KWG) detailliert reguliert. Das bedeutet Finanzdienstleister müssen nun berechtigt sein, Dienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte zu erbringen. Weil Kryptowerte seit Januar 2020 eine eigene Klasse von Finanzinstrumenten bilden, ist also grundsätzlich eine Erlaubnis nach § 32 KWG für die Anlagevermittlung oder Anlageberatung erforderlich.
Darüber hinaus werden Security-Token (d.h. Token-Inhaber erhält z.B. gegen den Ausgeber des Tokens einen Anspruch auf Rückzahlung, Beteiligung am Gewinn oder Gesellschaftsanteile des Unternehmens) als Wertpapiere oder Vermögensanlagen aus prospektrechtlicher Sicht eingestuft, so dass zumindest ein Wertpapierinformationsblatt (WIB) oder ein Vermögensanlagenprospekt zu erstellen ist.
Erlaubnis für die Kryptowertpapierregisterführung
Die Sicherheit der elektronischen Wertpapiere soll neben den zivilrechtlichen Anforderungen für eine wirksame Begebung von elektronischen auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen über Anforderungen im eWpG an die Registerführung – das Kryptowertpapierregister muss auf einem dezentralen fälschungssicheren Aufzeichnungssystem geführt werden – und die Einführung eines neuen Erlaubnistatbestandes der Kryptowertpapierregisterführung gewährleistet werden.
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