1. Anlegerschutzverbesserungsgesetz

Gerade auch für den auf dem Gebiet der Vermittlung von Kapitalanlageprodukten tätigen Finanzdienstleister spielt aufgrund einer zunehmend verschärften Rechtsprechung der deutschen Gerichte und restriktiver gesetzlicher Vorgaben die mögliche Haftung gegenüber (geschädigten) Anlegern eine bedeutende Rolle. Wird ein Vermittler bzw. Berater auf Schadensersatz gegenüber dem Anleger in Anspruch genommen, so hat dies mitunter weit reichende und unter Umständen existenzgefährdende Folgen.

Dabei sind die haftungsrechtlichen Vorgaben, die der Finanzdienstleister zu beachten hat, oft unübersichtlich und bisher zum Teil allein auf jahrelang weiterentwickelte (Rechtsprechungs-) Grundsätze zurückzuführen. Eindeutige gesetzliche Regelungen wurden erst mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz vom 28. Oktober 2004 geschaffen und dem MiFID-Umsetzungsgesetz vom 01. November 2007.

Es ist daher wichtig, dass sich der Finanzdienstleister vor der Vermittlung der verschiedenen Kapitalanlageprodukte eingehend mit dem Produkt an sich, mit dessen Anbieter bzw. Emittenten und der Situation des jeweiligen potenziellen Kunden eingehend auseinandersetzt. Erst hierdurch wird eine anleger- und objektgerechte Beratung des potenziellen Kunden, und damit eine haftungsfreie Tätigkeit des Finanzdienstleisters ermöglicht.

2. Allgemeines zu MiFID

Die EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive – kurz: „MiFID“) wurde als europäische Rahmenrichtlinie am 21. April 2004 verabschiedet (2004/39/EG). Sie löst damit die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (ISD) aus dem Jahre 1993 ab. Ergänzt und ausgefüllt wird die MiFID durch die Durchführungsrichtlinie, deren finaler Entwurf am 6. Februar 2006 von der EU-Kommission vorgelegt wurde.

Die Vorschriften müssen in den Mitgliedstaaten spätestens ab dem 1. November 2007 Anwendung finden. Die Umsetzung in nationales Recht erfolgt in Deutschland mit dem Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) in Verbindung mit der „Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisations-verordnung“ (WpDVerOV).

Ziele des umfangreichen Regelwerks sind vor allem die Harmonisierung der europäischen Finanzmärkte sowie die Verbesserung des Anlegerschutzes und die Verstärkung des Wettbewerbs. Die vorgesehene Vielzahl an Neuerungen dieser Richtlinie führt in der Branche zu diversen Unsicherheiten über die Auswirkungen, welche sich durch die Umsetzung der MiFID ergeben werden. Dieser Artikel soll einen kurzen Überblick darüber verschaffen, welche wesentlichen Änderungen die Umsetzung der MiFID in nationales Recht mit sich bringt.

3. Wer ist von den Regelungen betroffen?

Die MiFID berührt alle Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche. Sie betrifft neben Kreditinstituten, Wertpapierfirmen und Börsenbetreibern erstmals auch Anlageberater, Vermögensverwalter, vertraglich gebundene Vermittler und viele mehr. Zugleich wird der Kreis der betroffenen Finanzinstrumente über die klassischen Wertpapiere und Derivate hinaus erweitert. Erfasst werden zukünftig auch Kreditderivate, Derivatekontrakte sowie finanzielle Differenzgeschäfte.

4. Was bringt die MiFID an Neuerungen?

Um die Anleger besser zu schützen und die Geschlossenheit des Marktes zu sichern, sieht die MiFID vor, an die Tätigkeit der zugelassenen Vermittler einheitliche Anforderungen zu stellen. Dadurch sollen in erster Linie die Fairness, Transparenz, Effizienz sowie die Integration der Finanzmärkte gefördert werden.

Zur Erreichung dieser Ziele bedient sich die Richtlinie im wesentlichen folgender Regelungsinhalte:

Handelstransparenz

Zu den Kernstücken der MiFID zählen insbesondere die so genannten Transparenzpflichten wie die Vor- und Nachhandelstransparenz vor allem für außerbörsliche Aktiengeschäfte. Sie verpflichten Anbieter und Handelsplätze dazu, „ehrlich, redlich und professionell im Interesse eines Anlegers zu handeln“.

Dazu sind dem Anleger die jeweils besten Handlungsmöglichkeiten und Kurse zu offerieren sowie die aktuellen Kosten und Konditionen für den Kauf und den Verkauf von Aktien offen zu legen. Dies soll dem Anleger die Möglichkeit bieten, eine wohlüberlegte und umfassend informierte Anlageentscheidung zu treffen.

Bestmögliche Auftragsausführung („Best Execution“)

Darauf aufbauend enthält die Richtlinie die verschärfte Pflicht zur bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen, der so genannten „Best Execution“. Danach müssen die EU-Mitgliedstaaten die Investmentfirmen auffordern, alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um bei der Auftragsausführung das für ihre Kunden bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Dies bedeutet, dass grundsätzlich alle Handlungsmöglichkeiten in die Entscheidung mit einbezogen werden müssen (dazu zählen auch ausländische Handelsplätze, außerbörslicher Handel usw.).

Hierbei sind sowohl Preis, Kosten, Geschwindigkeit, Ausführungswahrscheinlichkeit sowie Abwicklung, Volumen, Art des Auftrags und alle anderen für die Aufragsausführung relevanten Erwägungen zu berücksichtigen. Die entsprechenden Daten sind zu Dokumentationszwecken fünf Jahre lang aufzubewahren.

Wohlverhaltensregel

Die Wohlverhaltensregeln sollen sicherstellen, dass die Wertpapierfirmen im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handeln und diese eindeutig über die Chancen und Risiken ihrer Geldanlagen informieren. Damit ist vor der persönlichen Empfehlung zu einem bestimmten Finanzinstrument die Durchführung eines sog. „Suitability Tests“ erforderlich.

Dazu sind umfassende Auskünfte über die finanziellen Verhältnisse und Erfahrungen des Kunden einzuholen und bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Dadurch soll festgestellt werden, ob eine konkrete Anlageentscheidung zum Risikoprofil des jeweiligen Kunden passt.

Beweislastumkehr

Vollkommen neu ist die Regelung zur Beweislastumkehr in der MiFID. Zukünftig müssen die Anbieter nachweisen, dass sie ihrerseits alles getan haben, um eine Schädigung der Anleger zu vermeiden.

Interessenkonflikte

Die MiFID Durchführungsrichtlinie verpflichtet zu einer konzernweiten, schriftlichen Ausarbeitung, Implementierung und Beibehaltung einer Interessenkonfliktstrategie („conflicts of interest policy“). Anhand der Geschäftsstruktur sind mögliche Interessenkonflikte zu ermitteln und Maßnahmen zum Konfliktmanagement vom jeweiligen Unternehmen zu ergreifen.

Anlageberatung

Eine weitere grundlegende Neuerung der MiFID ist die grundsätzliche Erlaubnispflicht für die bloße Anlageberatung in Finanzinstrumenten. Sie gilt uneingeschränkt, wenn die Anlageberatung auch grenzüberschreitend betrieben wird. Die Regelung, wie die Aufsicht über lediglich national tätige Anlageberater zu erfolgen hat, bleibt teilweise den jeweiligen Mitgliedstaaten vorbehalten. In jedem Fall ist die Anlageberatung zukünftig hinsichtlich der Entscheidungsgründe und Beratungsergebnisse detailliert von den Unternehmen zu dokumentieren.

Kundenklassifizierung

Im Rahmen der Informations- und Aufklärungspflichten des Anlegers wird es zukünftig nötig sein, dass jedes Unternehmen seine Kunden und Geschäftspartner entsprechend den Vorgaben der MiFID klassifiziert. Dabei werden die Anleger in zwei Klassen aufgeteilt, nämlich in Kleinanleger („retail customer“), professionelle Kunden („professional customer“) und eine dritte Kategorie, die sog. „geeignete Gegenpartei“.

Zu beachten ist allerdings, dass diese Einteilung flexibel zu sehen ist, so dass etwa ein professioneller Anleger für alle oder für einzelne Geschäfte durchaus schutzbedürftiger sein kann bzw. ein Kleinanleger, der entsprechend vorhandene Kenntnisse nachweist, auch als professioneller Kunde geführt werden kann.

5. Fazit

Aufgrund der Vielzahl von Änderungen und Neuregelungen wird die MiFiD diverse Strukturen, Prozesse und Systeme in den Finanzunternehmen betreffen. Da sich ein hoher Handlungsbedarf in sämtlichen Abteilungen abzeichnet, sollte mit der Planung und Umsetzung frühzeitig begonnen werden, um im November 2007 den rechtlichen Anforderungen zu genügen.

Andernfalls drohen bei verspäteter Umsetzung aufsichtsrechtliche Konsequenzen sowie schlimmstenfalls zivilrechtliche Haftungsrisiken. Den Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche kann daher nur dringendstens empfohlen werden, rechtzeitig die sich ergebenden Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb zu analysieren und die erforderlichen und geeigneten Maßnahmen einzuleiten.

6. Vertriebsrechtliche Absicherung

Neben dem Schutz vor möglichen Ansprüchen der Anleger, ist es für den Finanzdienstleister existenziell wichtig, dass dieser auch gegenüber seinem Auftraggeber vertriebsrechtlich abgesichert ist.

Dies betrifft vor allem die gegenseitigen Rechte und Pflichten beim Vertrieb der Kapitalanlageprodukte und insbesondere ordnungsgemäße Vertriebs- und Provisionsvereinbarungen. Neben der Höhe der zu zahlenden Provisionen spielen hierbei oft die Fälligkeit der Zahlungen, die Einbehaltung einer Stornoreserve, die Ausstattung mit aussagekräftigen Verkaufsunterlagen oder auch die Befugnisse gegenüber dem Anleger eine wesentliche Rolle.

Gern sind wir bereit, Sie auf diesem Gebiet sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich zu unterstützen bzw. zu vertreten. Nehmen Sie einfach mit uns Kontakt auf und vereinbaren Sie einen Termin.

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