1. Börsenlandschaft in Deutschland

Allgemein bezeichnet man als Börsengang die Aufnahme von Aktien in den Handel einer Börse. In Deutschland gibt es derzeit acht Börsenplätze (Frankfurter Wertpapierbörse, die Börsen Stuttgart, München, Düsseldorf, Hannover und Bremen sowie die Berliner und die Hamburger Börse), an denen ein Präsenzhandel – auch Parketthandel genannt – stattfindet. Daneben existieren mit dem Xetra und der Eurex auch elektronische Handelsplattformen, die der Frankfurter Wertpapierbörse zuzuordnen sind.

Börse im eigentlichen – d.h. im juristischen – Sinn ist jedoch ein staatlich organisierter und überwachter Markt, an dem Finanzinstrumente aller Art (z.B. Aktien, Anleihen, Genussscheine etc.) Devisen, Derivate und Waren gehandelt werden können. Staatlich organisiert sind in Deutschland jedoch nur die Börsensegmente Amtlicher Markt und Geregelter Markt. Der Freiverkehr (z.B. Entry Standard, Open Market) ist dagegen kein organisierter Markt und damit keine Börse im juristischen Sinn. Vielmehr handelt es sich bei dem Freiverkehr um einen privatrechtlich organisierten Markt, an denen andere juristische Spielregeln zu beachten sind, als am Amtlichen oder Geregelten Markt.

2. Voraussetzung für einen Börsengang

Die Voraussetzungen für einen „Börsengang“ sind abhängig von dem Segment, an dem die Aufnahme in den Handel erfolgen soll. Während die Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Handel am Geregelten und Amtlichen Markt im Börsengesetz geregelt sind, ergeben sich die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in den Freiverkehr aus den jeweiligen Freiverkehrsordnungen der Börsen. Zusammenfassend stellen sich die Voraussetzungen wie folgt dar:

a) Amtlicher Markt und Geregelter Markt

Bei dem Amtlichen Markt und dem Geregelten Markt handelt es sich um staatlich (europarechtlich) regulierte Märkte. Die Zulassungsvoraussetzungen sind in dem Börsengesetz, der Börsenzulassungsverordnung sowie dem Wertpapierprospektgesetz geregelt. Soweit Aktien in den Handel aufgenommen werden sollen, müssen u.a. die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

  • der Emittent muss mindestens drei Jahre als Unternehmen bestehen der voraussichtliche Kurswert der Aktien bzw. das Eigenkapital des Emittenten muss mindestens Euro 1,25 Mio. betragen
  • der Streubesitz der Aktien muss grundsätzlich 25 % betragen

Daneben ist ein sog. Wertpapierprospekt zu erstellen, soweit mit dem Börsengang ein sog. öffentliches Angebot einhergeht.

Da neben Aktien auch andere Wertpapiere (wie bspw. Genussscheine oder Anleihen) in den Handel aufgenommen werden können, gelten bei dieses Papieren grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen.

Innerhalb der staatlich vorgebenen Märkte (Amtlicher und Geregelter Markt) haben verschiedene Börsen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus weitere Kriterien für eine Aufnahme in den Handel gestellt, in dem sie unterschiedliche Transparenzanforderungen aufgestellt haben, die sowohl die Zulassungsvoraussetzungen als auch die Zulassungsfolgepflichten, denen sich der Emittent unterwirft, regeln. Die bekanntesten Segmente sind der Prime Standard sowie der General Standard der Frankfurter Wertpapierbörse.

b) Freiverkehr

Die Voraussetzungen für die Einbeziehung in den Freiverkehr sind von der jeweiligen Freiverkehrsordnung abhängig. Eine der bekanntesten Freiverkehre in Deutschland ist der Open Market der Frankfurter Wertpapierbörse. Hier sind für eine Aufnahme regelmäßig keine weiteren Voraussetzungen, mit Ausnahme

  • eines ordnungsgemäßen Antrages und
  • einer Verpflichtungserklärung der Emittentin, über wesentliche Geschäftsvorfälle zu informieren

zu erfüllen. Als besonderes Segment des Freiverkehrs hat die Frankfurter Wertpapierbörse den Entry Standard für wachstumstarke junge Unternehmen etabliert. Die Unternehmen im Entry Standard müssen sich bestimmten Publizitätspflichten unterwerfen.

3. Segmente für Mittelstands-Anleihen

Für mittelständische Emittenten gibt es neue Börseninitiativen, nämlich unterhalb der kritischen Größe von 200 Millionen Euro Unternehmensanleihen über die Börse anzubieten.

So startete die Börse Stuttgart mit bondm im Mai 2010 ein Freiverkehrs-Segment für Mittelstands-Anleihen. Im November 2010 zog die Börse München nach und öffnete das Marktsegment m:access für kleinere Unternehmensanleihen. Bei der Börse Düsseldorf gibt es seit November 2010 den mittelstandsmarkt. Und seit dem 14. Februar 2011 können Unternehmen auch Anleihen im ENTRY STANDARD an der Frankfurter Wertpapierbörse platzieren. Ebenfalls seit 2011 am Start: Die Mittelstandsbörse Deutschland der Börsen Hamburg und Hannover.

Für alle gilt: Die Segmente sind privatrechtlich organisiert und bieten Mittelständlern die Möglichkeit breitere Anlegerschichten zu erschließen. Dafür sorgen erhöhte Transparenzanforderungen an die gelisteten Unternehmen und die mit der Notierung der Anleihe verbundenen Leistungen der jeweiligen Wertpapierbörse, wie einfache, direkte Zeichnungsmöglichkeiten für Anleger, umfassende Anlegerinformation und eine breitere Präsenz über die Listung.

4. Ablauf und Kosten eines Börsengangs

Der Gang an die Börse kann über ein erstmaliges öffentliches Angebot (Initial Public Offering) realisiert werden.  Regelmäßig erfolgt in diesem Zusammenhang eine Kapitalerhöhung gegen Ausgabe neuer Aktien, die dann den Anlegern und Investoren zur Zeichnung angeboten werden.

Daneben kann ein Aufnahme in den Handel auch dergestalt erfolgen, dass bereits platzierte Aktien einfach in den Handel einbezogen werden.

5. Motive für einen Börsengang

Für ein „gestandenes“ mittelständisches Unternehmen, das schon verschiedene Finanzierungsrunden erfolgreich abgeschlossen hat und weiter expandieren möchte, kann der Gang an die Börse ein effektives Instrument sein, weitere Geldmittel zu generieren. Diese Geldmittel heben nicht nur das Entwicklungspotenzial, sondern erweitern und stärken auch die Eigenkapitalbasis und erhöhen dadurch die Bonität und Flexibilität des Unternehmens. Zudem steigert ein Going Public den Bekanntheitsgrad des Unternehmens und festigt auf diese Weise dessen Marktposition.

Neben der Expansionsfinanzierung kann über einen Börsengang mittelfristig die Nachfolgeproblematik gelöst werden.

Der Freiverkehr als Kapitalbeschaffungsmarkt bietet sich vor allem für junge, wachstumstarke Unternehmen an, die die Mittel für den Aus- und Aufbau durch die Ausgabe von Aktien finanzieren wollen.

Nicht empfehlenswert ist die Ausgabe von Aktien dagegen dann, wenn lediglich frische Liquidität dem Unternehmen zugeführt werden soll, ohne dass der oder die Alteigentümer den Anlegern wesentliche Einfluss- und Mitspracherechte einräumen wollen. In diesem Fällen sollte ernsthaft über die die Ausgabe von Genussscheinen oder Anleihen als Refinanzierungsinstrument nachgedacht werden.

6. Unsere Dienstleistungen

Unsere Dienstleistung umfasst in diesem Bereich neben der Beratung bezüglich der Auswahl der Börse und des Segments selbstverständlich die Erstellung des dafür erforderlichen Wertpapierprospektes und der Einholung der Genehmigung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie die laufende Beratung und Betreuung während der gesamten Emissionsphase und darüber hinaus.

Ihr Ansprechpartner in diesem Bereich ist Dr. Matthias Gündel.

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