OLG Bremen zum Umfang der Plausibilitätsprüfung bei Nachrangdarlehen

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16. Juli 2021 | Das Oberlandesgericht Bremen hat in einer aktuellen Entscheidung ausgeführt, dass die Aufklärungs- und Beratungspflichten des Anlageberaters bei einer Anlage in ein festverzinsliches Nachrangdarlehen auch die Frage erfassen, inwieweit der Darlehensnehmer nach seinem Geschäftskonzept zur Rückzahlung und Verzinsung in der Lage sein wird. Ein allgemeiner Hinweis auf ein Totalverlustrisiko ersetzt die geschuldete anlegergerechte Beratung und Plausibilitätsprüfung nicht.

Das Oberlandesgericht Bremen hat in einer aktuellen Entscheidung ausgeführt, dass die Aufklärungs- und Beratungspflichten des Anlageberaters bei einer Anlage in ein festverzinsliches Nachrangdarlehen auch die Frage erfassen, inwieweit der Darlehensnehmer nach seinem Geschäftskonzept zur Rückzahlung und Verzinsung in der Lage sein wird. Ein allgemeiner Hinweis auf ein Totalverlustrisiko ersetzt die geschuldete anlegergerechte Beratung und Plausibilitätsprüfung nicht.


Sachverhalt Die Parteien hatten einen Kapitalanlageberatungsvertrag geschlossen. Der Kläger macht gegen den beklagten Finanzanlagenvermittler Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend. Der Beklagte beriet den Kläger in mehreren Gesprächen im Jahr 2012 zu streitgegenständlichen Nachrangdarlehen. In der Folge kam es auch im Februar 2014 zum Abschluss eines weiteren Nachrangdarlehensvertrages. Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe die ihm aus diesem Anlageberatungsvertrag obliegenden Beratungspflichten verletzt, indem eine anlagegerechte Beratung unterblieb und der Beklagte die Funktionsweise und die sich daraus ergebenden Risiken der Anlage nicht erklärte.

Beschluss Das Landgericht Bremen hat der Klage mit Urteil vom 21.09.2018 stattgegeben. Das OLG Bremen erließ zunächst einen Hinweisbeschluss mit folgenden Leitsätzen und wies in der Folge die Berufung zurück.

1. Bei einer Anlage in ein festverzinsliches Nachrangdarlehen beschränken sich die Aufklärungs- und Beratungspflichten des Anlageberaters nicht auf die Umstände der Verzinsung und der Nachrangigkeit des Darlehens, sondern erfassen auch die Frage, inwieweit der Darlehensnehmer nach seinem Geschäftskonzept zur Rückzahlung und Verzinsung in der Lage sein wird.

2. Der Anlageberater hat bei einer Anlage in ein festverzinsliches Nachrangdarlehen daher im Rahmen der Plausibilitätsprüfung zu prüfen, ob ein schlüssiges Gesamtkonzept aus zu erwartenden Kosten und Einnahmen des Darlehensnehmers dargetan ist, welches es nachvollziehbar zu erwarten erscheinen lässt, dass der Darlehensnehmer zu den vereinbarten Zahlungen in der Lage sein wird.

3. Die Kausalität der ursprünglichen Beratungsleistung des Anlageberaters kann auch für spätere Folgegeschäfte fortwirken. Für eine solche Erweiterung des Schutzzwecks der ursprünglichen Beratung kann es sprechen, wenn die Parteien auch vor den Folgegeschäften in Kontakt standen und der Anlageberater die Zeichnungsunterlagen auch für die neue Anlage übermittelte und sich dabei nicht auf eine bloße Botenrolle beschränkte.

4. Von einer Kausalität der ursprünglichen Beratungsleistung des Anlageberaters auch für spätere Folgegeschäfte kann dagegen nicht ausgegangen werden, wenn die nachfolgende Anlage so wesensverschieden von der ursprünglichen Anlage ist, dass auch aus Sicht des Anlegers nicht mehr angenommen werden konnte, dass die ursprüngliche Beratung auch für die nachfolgende Anlage von Bedeutung sein könnte.

Diese Leitsätze decken sich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der ebenfalls aktuell entschieden hat, dass der Schutzzweck einer Auskunfts- oder Beratungspflicht im Rahmen der Anlageberatung nicht stets nur auf den ersten Erwerb einer Anlage nach dem Gespräch, in dem die Empfehlung ausgesprochen worden ist, begrenzt ist, sondern dass sich eine Anlageberatung in bestimmten konkreten (Ausnahme-)Fällen auch auf nachfolgende, vom selben Anleger getätigten Kapitalanlagegeschäfte beziehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2019, Az. III ZR 244/18).

LG Bremen, Urteil vom 21.09.2018 - 4 O 976/17

OLG Bremen, Beschluss vom 22.03.2019 - 1 U 50/18



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