BGH: Nichtgesetzliche Pflichten eines Gesellschafters einer Publikumsgesellschaft müssen sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben

27. Dezember 2017 | Laut BGH-Urteil unterliegen Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie AGB (allgemeine Geschäftsbedingungen). Für beitretende Gesellschafter müssen die mit dem Beitritt verbundenen Pflichten klar aus dem Gesellschaftsvertrag ersichtlich sein, wenn diese sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders.

Laut BGH-Urteil unterliegen Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie AGB (allgemeine Geschäftsbedingungen). Für beitretende Gesellschafter müssen die mit dem Beitritt verbundenen Pflichten klar aus dem Gesellschaftsvertrag ersichtlich sein, wenn diese sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders.

Sachverhalt: Die Klägerin, eine Fondsgesellschaft, nahm ihre Kommanditisten auf Rückzahlung der an sie geleisteten Auszahlungen in Anspruch.

Eine Klausel im Gesellschaftsvertrag der Fondgesellschaft (GV) zur Gewinn – und Verlustverteilung sowie Ausschüttungen lautete, dass Liquiditätsausschüttungen an die Gesellschafter – auch im Wege einer Darlehensgewährung – nur dann vorgenommen werden dürfen, wenn keine Kapitaldienstleistungsrückstände hinsichtlich der langfristigen Investitionsfinanzierung bestehen und der Ausgleich der laufenden Betriebskosten sowie der Kapitaldienstraten auf die Schiffshypotheken für das laufende Geschäftsjahr gesichert sind. Zudem sollten Liquiditätsausschüttungen solange Verlustsonderkonten bestehen Darlehen an die Gesellschafter darstellen.
Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des OLG wurde zurück gewiesen.

Gründe: Laut Urteil des BGH besteht kein Darlehensrückzahlungsanspruch. Denn dem Gesellschaftsvertrag lässt sich nicht klar und unmissverständlich entnehmen, dass die an die Kommanditisten bewirkten gewinnunabhängigen Ausschüttungen aus der Liquidität den Kommanditisten als Darlehen der Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden sind. Die Gesamtregelung ist unklar, weil nach der in Frage stehenden Klausel nicht jede Liquiditätsausschüttung ein Darlehen sein sollte, sondern nur bzw. auch ein Darlehen sein konnte. Außerdem werden zwar Verlustsonderkonten erwähnt. Das Kontensystem der Klägerin sieht jedoch keine mit Verlustsonderkonten bezeichneten Gesellschafterkonten vor.

Auch der Umstand, dass die Rückzahlungsansprüche der Kommanditisten in den Jahresabschlüssen der Klägerin auf der Aktivseite ausgewiesen sind, können an diesem Ergebnis nichts ändern. Denn die Kommanditisten konnten aus den Bilanzen eine Forderung gegen sie in dem Maße, dass von einem Anerkenntnis der Gesellschafter durch die Feststellung der Bilanz ausgegangen werden kann, nicht ersehen.

BGH 07.11.2017, II ZR 127/16

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